Erscheinungsdatum 12.02.2024
von WP/StB Dr. Dietrich Jacobs

Durch die unterschiedliche steuerliche Behandlung eines Sachverhalts in zwei verschiedenen Staaten lassen sich Minderbesteuerungen gestalten. Bereits 2021 hatte der Gesetzgeber zusätzliche Regelungen zur Verhinderung solcher Besteuerungsinkongruenzen bzw. hybrider Gestaltungen geschaffen. Deren Kernelemente finden sich in § 4k EStG. Schon im Sommer 2023 hat das BMF hierzu den Entwurf einer Verwaltungsanweisung herausgegeben. Im Folgenden stellen wir ausgewählte Elemente des BMF-Entwurfs vor.

Genereller Anwendungsbereich und Fallgruppen

§ 4k EStG findet sachlich Anwendung auf grenzüberschreitende Sachverhalte

  • bei strukturierten Gestaltungen,
  • mit nahestehenden Personen,
  • mit Betriebsstätten oder
  • mit abgestimmtem Verhalten.

Zeitlich gilt die Regelung für nach dem 31.12.2019 entstandenen Aufwand. Soweit ihm ein vorher abgeschlossenes Dauerschuldverhältnis (Mietvertrag etc.) zugrunde liegt, greift § 4k EStG zudem nur,

  • soweit der Aufwand ab diesem Zeitpunkt ohne wesentliche Nachteile hätte vermieden werden können oder
  • wenn das Dauerschuldverhältnis nach dem 31.12.2019 wesentlich geändert wurde.

§ 4k EStG betrifft drei Kategorien von Inkongruenzen:

(1) Deduction-/Non-Inclusion-Inkongruenz: Steuerlicher Ausgabenabzug in einem Staat, ohne dass im anderen Staat die korrespondierenden Erträge besteuert werden.

(2) Double-Deduction-Inkongruenz: Systemwidriger steuerlicher Abzug derselben Ausgaben in mehreren Staaten.

(3) Importierte Inkongruenz: Es existieren inländische abzugsfähige Aufwendungen und den korrespondieren ausländischen Erträgen steht Aufwand gegenüber, dem – sofern der Fall in Deutschland aufträte – der Abzug nach § 4k EStG versagt wäre. 

Abwehr von Deduction-/Non-Inclusion-Inkongruenzen

Kein Ausgabenabzug bei abweichender Einordung/Zurechnung des Kapitalvermögens

Soweit die den inländischen Aufwendungen entsprechenden Erträge wegen abweichender Einordnung oder Zurechnung von Kapitalvermögen im Ausland nicht oder nur geringer besteuert werden, versagt das Gesetz den Abzug der erwähnten Aufwendungen. Diese Situation kann z.B. in einer Konstellation mit Genussrechten, Wandelanleihen oder anderen hybriden Finanzinstrumenten auftreten, wie sie in folgender Abbildung skizziert ist.

Der BMF-Entwurf betont, dass für die Anwendung der Abwehrregelung die Besteuerungsinkongruenz ursächlich sein muss. Die Annahme einer Minderbesteuerung scheidet z.B. aus, wenn die Zinserträge im Ausland einer Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen werden. Demgegenüber soll von einer Minderbesteuerung auszugehen sein, wenn die Besteuerung niedriger ausfällt, als wenn die ausländische Zuordnung/Zurechnung in Übereinstimmung mit der deutschen Auffassung erfolgen würde.

Kein Ausgabenabzug bei abweichender Behandlung des Steuerpflichtigen

Tritt eine Nichtbesteuerung infolge einer von der deutschen steuerlichen Behandlung des Steuerpflichtigen abweichenden ausländischen Behandlung ein, so versagt Deutschland den Ausgabenabzug  (das gilt auch in vergleichbaren Betriebsstätten-Konstellationen). Ein solcher Fall kann etwa wie folgt auftreten:

Der BMF-Entwurf stellt hierzu klar, dass die Regelung grundsätzlich Aufwendungen jeglicher Art betreffen kann, so dass ihr Anwendungsbereich weit über das skizzierte einfache Beispiel hinaus geht.

Deutsche Ertragsbesteuerung bei abweichender ausländischer Behandlung der Gesellschaft

Soweit ein Aufwand im Ausland abzugsfähig ist und der entsprechende Ertrag beim Anteilseigner in Deutschland wegen abweichender Behandlung einer Gesellschaft jedoch nicht besteuert wird, soll in Durchbrechung der grundsätzlichen deutschen steuerlichen Sichtweise doch eine Besteuerung der erwähnten Erträge stattfinden. Solch ein Fall kann etwa vorkommen, wenn der deutsche Gesellschafter Herr C mit seiner ausländischen Gesellschaft schuldrechtliche Beziehungen eingeht, wie sie nachfolgend skizziert sind.

Aufgrund von § 4k EStG werden hier die Zinserträge des deutschen Gesellschafters in Deutschland besteuert.

Kein Ausgabenabzug bei ausländischer Nichtbesteuerung der Erträge

Subsidiär zu den bisherigen Fallgruppen versagt Deutschland schließlich den Aufwandsabzug, soweit die entsprechenden Erträge aufgrund einer abweichenden Zuordnung/Zurechnung im Ausland keiner Besteuerung unterliegen. Dies kann z.B. auftreten, wenn zwei Staaten eine Betriebsstätte in einem dritten Staat annehmen und diese als Objekt der Gewinnzuordnung ansehen, während der letztgenannte Staat die in Frage stehenden Beträge nicht besteuert, weil nach seinem Verständnis keine Betriebsstätte existiert.

Abwehr von Double-Deduction-Inkongruenzen

Soweit Aufwendungen sowohl im Ausland als auch im Inland die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern, versagt Deutschland den Ausgabenabzug.

Hinweis: Während die Ausführungen des BMF-Entwurfs zu den erwähnten Fällen recht ausführlich und anhand von Beispielen veranschaulicht sind, äußert sich der Entwurf zu diesem Fall nur knapp und abstrakt.

Abwehr von importierten Inkongruenzen

Diese Inkongruenzen betreffen mehrstufige Strukturen, wie sie z.B. in der folgenden Skizze dargestellt werden. Im dargestellten Fall versagt Deutschland nun nach § 4k EStG den Ausgabenabzug für den Zinsaufwand. Der BMF-Entwurf enthält hierzu ausführliche, mit verschiedenen Beispielen unterlegte Erläuterungen.

Hinweis: Dabei stellt das BMF u.a. die wichtige Regel auf, dass die Prüfungsreihenfolge beim unmittelbaren Gläubiger des deutschen Steuerpflichtigen beginnen und sich dann auf der nächsthöheren Stufe fortsetzen soll.

Weitere Details

Die gesetzliche Regelung in § 4k EStG beinhaltet verschiedene Ausnahmen, bei denen keine Einkünftekorrektur erfolgt. Der BMF-Entwurf geht auch auf diese Escape-Regelungen ein, so z.B. die Beseitigung der Inkongruenz in einem künftigen Besteuerungszeitraum oder der Nachweis einer doppelten Berücksichtigung von Erträgen.

Hinweis: Der BMF-Entwurf zeigt in weiten Teilen das deutliche Bemühen der Exekutive, den Anwendungsbereich der Abwehrregelungen auf ein überschaubares Maß zu begrenzen. Dass das BMF auch nach vielen Monaten die Verwaltungsanweisung noch nicht finalisiert hat, lässt allerdings vermuten, dass es hinter den Kulissen noch erheblichen Abstimmungsbedarf gibt. Die weitere Entwicklung bleibt daher abzuwarten.

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