BFH bejaht Sofortabzug
Abfindungen sind nach dem Urteil des BFH vom 20.9.2022 (Az.: IX R 29/21) im Jahr der Zahlung vollständig abziehbar, wenn das Objekt nach Auszug der jeweiligen Mieter renoviert werden soll. Zwar ermöglicht oder erleichtert der Leerstand, der durch die Abfindung erreicht wird, die Renovierungsarbeiten. Nach der BFH-Auffassung stellen die Abfindungen jedoch keine anschaffungsnahen Herstellungskosten nach § 6 Abs.1 Nr. 1a EStG des Wohnobjekts dar, welche zeitanteilig abzuschreiben wären.
Nachträgliche Herstellungskosten
Die Abschreibung auf ein vermietetes Wohnobjekt gehört zu den bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbaren Werbungskosten. Aufwendungen für die Modernisierung und Instandhaltung (Renovierung) innerhalb von drei Jahren nach Erwerb eines Objekts erhöhen, wenn sie einen bestimmten Umfang überschreiten, die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung. Diese Renovierungsaufwendungen können nicht sofort als Werbungskosten abgezogen werden, sondern stellen nachträgliche Herstellkosten dar und sind über die Nutzungsdauer des Objekts abzuschreiben. Zu diesen Aufwendungen gehören sämtliche bauliche Maßnahmen, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung vorgenommen werden, und durch die an dem Objekt Mängel oder Schäden beseitigt werden oder durch die das Objekt in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Demgegenüber stellen Aufwendungen für jährlich anfallende Erhaltungsaufwendungen keine Herstellungskosten dar und sind sofort abziehbar.
Bauliche Maßnahmen: Enge Abgrenzung
Nur bauliche Maßnahmen in einem engen Sinne können, so der BFH, zum Ansatz nachträglicher Herstellungskosten führen. Dazu gehören Aufwendungen, welche grundsätzlich als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären, wie z.B. die Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung. Hängen bestimmte Aufwendungen lediglich zeitlich oder sachlich mit der Renovierung zusammen, reicht dies allein nicht aus. Der BFH zitiert in obigem Urteil die Gesetzesbegründung zur Regelung der nachträglichen Herstellungskosten, wonach die Einbeziehung von
- „Reparatur- und Modernisierungsaufwendungen“ (BT-Drucks. 15/1562 S. 24),
- „Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung“ bzw.
- „Aufwendungen für Instandsetzungsarbeiten“ (BT-Drucks. 15/1562 S. 32)
geregelt werden sollte. Aufwendungen, die nicht Teil von Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen sind, müssten, so der BFH, ohnehin einer getrennten steuerrechtlichen Würdigung unterzogen werden.
Mieterabfindungen keine Instandsetzungs-/Modernisierungsmaßnahmen
Mieterabfindungen stellen nach dem Verständnis des BFH keine Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG dar. Sie gehören nicht zu den baulichen Maßnahmen. Maßnahmen zur Aufhebung bestehender Mietverhältnisse sind nicht Teil der Instandsetzung bzw. Modernisierung der Gebäudesubstanz. Zwar rechnen Aufwendungen für den Abriss eines vorhandenen Gebäudes auf einem zum Zwecke der Neubebauung erworbenen Grundstück zu den Herstellungskosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG des Neubaus, wenn das neue Gebäude an der Stelle des abgerissenen Gebäudes errichtet und damit der Abriss des alten Gebäudes Voraussetzung für die Errichtung des neuen Wirtschaftsguts ist. Allerdings ist der hier verwendete Begriff der Herstellungskosten weiter zu verstehen. Es reicht aus, wenn die Aufwendungen mit dem Ziel der Herstellung getätigt werden. Hingegen setzt die Annahme nachträglicher Herstellungskosten voraus, dass die Aufwendungen „für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen“ anfallen. Zwar beruhe, so eine weitere Überlegung des BFH, das Institut der anschaffungsnahen Herstellungskosten auf der Annahme, der Kaufpreis sei im Hinblick auf die notwendigen Erhaltungsaufwendungen niedriger kalkuliert worden, so dass die Nachholung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Teil des Kaufpreises sei. Dies gelte aber eben nur für bauliche Maßnahmen, nicht jedoch für Mieterabfindungen.
Ergebnis: Mieterabfindungen bzw. Abstandszahlungen spiegeln sich dem BFH zufolge nicht in einer dauerhaften Erhöhung des Gebäudewerts wider, so dass der Käufer eines Objekts regelmäßig auch keine Veranlassung habe, sie dem Verkäufer über einen höheren Kaufpreis zu entgelten.