Erscheinungsdatum 20.07.2023
von StB Steffen Zipperling

Die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen sind in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung gewesen. Kaum eine Betriebsprüfung bleibt von diesem Thema unberührt. Entsprechend umfangreich ist die zu diesem Dauerstreitthema jüngst ergangene Rechtsprechung. Nachfolgend erfolgt zunächst eine steuersystematische Einordung der Vorschriften. Anschließend werden einige neuere Entscheidungen des BFH zum Bereich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen dargestellt.

Gesetzliche Regelung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung

Nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG werden zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn die gewinnmindernd angesetzten Mietaufwendungen für die Benutzung beweglicher und unbeweglicher Wirtschaftsgüter wieder hinzugerechnet. Die Hinzurechnung erfolgt dabei nicht mit dem vollen Betrag, sondern nur mit einem in den Aufwendungen enthaltenen typisierten Zinsanteil (bei beweglichen Wirtschaftsgütern mit 5% und bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern mit 12,5%). 

Hintergrund hierfür ist die Intention des Gesetzgebers, die Gewerbesteuer als Objektsteuer für alle Steuerpflichtigen annähernd in derselben Höhe zu erheben. Auf die Art der Finanzierung mit Eigen- oder Fremdkapital soll es vom Grundsatz her nicht ankommen. Da aber Finanzierungszinsen den steuerlichen Gewinn des Unternehmens gemindert haben, werden diese nach gewerbesteuerlichen Vorschriften wieder hinzugerechnet. Auch die Entscheidung, Anlagevermögen nicht zu erwerben, sondern zu mieten, soll die Höhe der Gewerbesteuerschuld nicht beeinflussen. Steuerpflichtige, die ihren Gewinn anstelle der Abschreibungsbeträge durch die Mietaufwendungen gemindert haben, müssen demnach einen entsprechenden fiktiven Zinsanteil hinzurechnen.

Neuere BFH-Rechtsprechung

Auf den Mieter umgelegte Grundsteuer

In diesem Verfahren (BFH-Urteil vom 2.2.2022, Az.: III R 65/19) war strittig, ob neben der Miete auch die auf den Mieter umgelegte Grundsteuer als Hinzurechnungsbetrag anzusetzen ist. Da die Grundsteuer zu den auf der Mietsache ruhenden Lasten gehört, muss diese grundsätzlich der Vermieter tragen. Allerdings kann die Grundsteuer (wie im Streitfall geschehen) durch vertragliche Vereinbarung auf den Mieter abgewälzt werden. In diesem Fall zählt auch die vom Mieter getragene Grundsteuer zu den hinzurechnungspflichtigen Beträgen. Denn der BFH nimmt typisierend an, dass sich die Übernahme der Grundsteuer durch den Mieter vergünstigend auf die Höhe der eigentlichen Miete ausgewirkt hat.

Mieten für Mehrwegbehältnisse im Handel 

Kern des Streits war in diesem Verfahren (BFH-Urteil vom 1.6.2022, Az.: III R 56/20), ob Mietzinsen im zivilrechtlichen Sinne vorlagen. Nur diese unterliegen überhaupt der Hinzurechnung, weshalb der Nutzungsvertrag seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Mietverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts sein muss. Im zu entscheidenden Fall vermarktete die Klägerin Obst- und Gemüseprodukte und mietete für Transportzwecke sog. Mehrwegsteigen an. Gegenstand des Vertrags mit dem Vermieter waren auch umfangreiche Systemleistungen, wie der Transport der leeren Steigen zum Erzeuger, die gesamte Rücklogistik, die Müllentsorgung, Sortierung, Reparatur und Wäsche der Steigen sowie deren Zwischenlagerung auf verschiedenen Warenumschlagstufen. Der BFH entschied zugunsten der Klägerin, dass es sich um einen Mietvertrag mit mehreren nicht trennbaren Leistungskomponenten handelte, bei dem die Mietleistungen dem Vertragsverhältnis gerade nicht das Gepräge geben. Somit schied die Hinzurechnung aus, da die Aufwendungen keine Mietzinsen im Sinne der Hinzurechnungsvorschriften darstellten.

Wartungskosten bei Leasingverträgen 

In diesem Fall hatte eine Leasingnehmerin im Rahmen von Leasingverträgen über Kraftfahrzeuge die Verpflichtung übernommen, auch die anfallenden Wartungsgebühren zu tragen. Das Finanzamt setzte neben der Leasingrate auch diese Wartungsgebühren als Hinzurechnungsbeträge an. Der BFH bestätigte schließlich diese Auffassung (Urteil vom 20.10.2022, Az.: III R 33/21). Der Begriff der Leasingrate sei wirtschaftlich zu verstehen, weshalb die Wartungskosten, die vertraglich auf den Leasingnehmer abgewälzt werden, Teil der „Leasingrate“ seien und somit auch der Hinzurechnung unterliegen. Denn die Kostenabwälzung auf die Leasingnehmerin führe regelmäßig zu einer Verminderung der normalen („reinen“) Leasingrate.

Hinzurechnung in Abhängigkeit vom Geschäftsgegenstand 

Die Hinzurechnung von Mietaufwendungen setzt voraus, dass es sich um sog. fiktives Anlagevermögen handelt. Das bedeutet, dass zu prüfen ist, ob die Wirtschaftsgüter, für deren Benutzung die Miete entrichtet wurde, Anlagevermögen des Mieters wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden. Diese Prüfung muss sich an den betrieblichen Verhältnissen des jeweiligen Steuerpflichtigen orientieren. Dabei ist zu hinterfragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt. Da es also auf die individuell-betriebliche Zweckbestimmung ankommt, können gleichartige Wirtschaftsgüter in einem Unternehmen fiktives Anlagevermögen darstellen und in einem anderen hingegen nicht. 

In dem hier zu entscheidenden Fall (BFH-Urteil vom 19.1.2023, Az.: III R 22/20) betrieb die Klägerin eine exklusive Produktions- und Eventagentur im Bereich Mode, Lifestyle und Kultur. Für die Durchführung von Modenschauen, Produktpräsentationen, Fotoshootings und Ausstellungen mietete die Klägerin umfangreiches Equipment und Veranstaltungsplätze an. Das Finanzamt rechnete die Mieten gewerbesteuerlich hinzu. Dem folgte das Finanzgericht (FG). Nach Auffassung des BFH hatte das FG jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, dass die angemieteten Eingangsleistungen stets nur einmalig verwendet wurden, weil die Auftraggeber fortwährend neue und andersartige Events durchführen wollten. Eine mehrmalige Nutzung kam für die Auftraggeber und somit auch für die Klägerin nicht infrage. Nach den Vorgaben des BFH ist zu prüfen, inwieweit die angemieteten Wirtschaftsgüter in die Herstellung des „Produkts Event“ eingegangen sind. Denn insoweit würden sich die Wirtschaftsgüter mit dem Eingehen in das Produkt verbrauchen. Somit komme eher eine Zuordnung zum Umlaufvermögen und gerade nicht zum fiktiven Anlagevermögen in Betracht. Eine Hinzurechnung scheide dann aus. 

Keine Hinzurechnung von Werbe- und Sponsoringaufwendungen

Bei Verträgen über Sponsoring, bei denen der Sponsor im Gegenzug für seine Leistungen regelmäßig Werbeleistungen verschiedenster Art empfängt, kommt der BFH im Urteil vom 23.3.2023 (Az.: III R 5/22) zu dem Ergebnis, dass es sich um Verträge eigener Art mit nicht trennbaren Leistungspflichten handelt. Somit ist insbesondere entgegen der Vorinstanz auch keine teilweise Hinzurechnung für die Anmietung von Werbeflächen, etwa als Trikot- oder Bandenwerbung, vorzunehmen. Im Vordergrund derartiger Verträge stehen die zu erbringenden Werbeleistungen, denn nur diese und nicht die Benutzung von Werbeflächen haben einen wirtschaftlichen Wert für den Sponsor.

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