Erscheinungsdatum 17.07.2023
von RAin Maha Steinfeld

Das „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ (HinSchG) ist am 2.7.2023 in Kraft getreten. Für Arbeitgeber ergeben sich daraus zahlreiche neue Verpflichtungen.

Vom HinSchG erfasste Rechtsverstöße

Das HinSchG gilt für alle Verstöße, die nach nationalem Recht strafbewehrt sind, sowie 

  • für Verstöße, die nach nationalem Recht bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient, und insbesondere
  • für Verstöße gegen bestimmte EU-Rechtsakte (erfasst werden hiermit Bereiche wie Korruption, Geldwäsche, öffentliche Auftragsvergaben, Produktsicherheit).

Pflicht zur Errichtung und Unterhaltung interner Meldestellen

Nach dem HinSchG besteht eine Verpflichtung von Unternehmen und für den öffentlichen Sektor, ein Hinweisgebersystem einzurichten (Einrichtung interner Meldestellen). Pflichten bestehen:

  • für Unternehmen mit mindestens 50 Arbeitnehmern;
  • ungeachtet dieser Begrenzung für alle privaten Unternehmen in besonderen Branchen wie insbesondere den Bereichen Finanzdienstleistungsbranche, Finanzprodukte, Finanzmärkte, Versicherungswirtschaft;
  • für Bund und Länder gemäß Bestimmungen der obersten Bundes- und Landesbehörden;
  • für Gemeinden und Gemeindeverbände gemäß jeweiligem Landesrecht.

Grundsätzlich besteht die Verpflichtung zur Einrichtung der internen Meldestellen ab dem 2.7.2023.

Hinweis: Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten sind dazu erst ab dem 17.12.2023 verpflichtet.

Die interne Meldestelle wird eingerichtet, indem eigene Beschäftigte oder ein Dritter mit den Aufgaben betraut werden. Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten können für die Entgegennahme von Meldungen eine gemeinsame Stelle einrichten.

Externe Meldung und Offenlegung

Neben der Meldung über den internen Meldekanal kann sich der Hinweisgeber direkt an die ebenfalls gesetzlich vorgesehenen externen Meldestellen wenden (externe Meldung). Beim Bund ist dafür das Bundesamt für Justiz zuständig. Weitere externe Meldestellen sollen errichtet werden. 

Hinweis: Es besteht grundsätzlich keine Pflicht des Hinweisgebers zur vorrangigen internen Meldung.

Der dritte Meldeweg ist die Offenlegung von Informationen über Verstöße, z.B. gegenüber der Presse. Der Hinweisgeber darf diesen Weg jedoch nur beschreiten, wenn auf externe Meldungen nicht angemessen reagiert wurde oder dies etwa im öffentlichen Interesse ist.

Ausgestaltung des internen Meldewegs

Interne Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher oder schriftlicher Form ermöglichen. Mündliche Meldungen müssen per Telefon oder mittels einer anderen Art der Sprachübermittlung möglich sein. Auf Ersuchen der hinweisgebenden Person ist für eine Meldung innerhalb einer angemessenen Zeit eine persönliche Zusammenkunft mit einer für die Entgegennahme einer Meldung zuständigen Person der internen Meldestelle zu ermöglichen.

Die interne Meldestelle soll auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten; eine explizite Verpflichtung des Arbeitgebers sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers und ggf. Dritter, die in der Meldung erwähnt werden, muss gewahrt bleiben. Es muss sichergestellt sein, dass kein Zugriff auf die Meldung durch unbefugte Mitarbeiter erfolgt.

Hinweis: Für alle Vorgänge sind die Anforderungen des Datenschutzes gemäß der DSGVO und des BDSG zu beachten. Die Einführung von Hinweisgebersystemen kann je nach Ausgestaltung Beteiligungsrechte des Betriebsrats bzw. Personalrats auslösen (vgl. etwa §§ 87 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 6 BetrVG).

Nach Eingang der Meldung muss diese innerhalb von sieben Tagen bestätigt werden. Die Meldestelle hat zu prüfen, ob der gemeldete Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich des HinSchG fällt und ob die eingegangene Meldung stichhaltig ist. Dabei kann die hinweisgebende Person zu weiteren Informationen befragt werden. Anschließend sind angemessene Folgemaßnahmen zu ergreifen; dies sind etwa interne Untersuchungen, der Abschluss des Verfahrens aus Mangel an Beweisen oder die Abgabe an eine zuständige Behörde zwecks weiterer Untersuchungen. Eine Rückmeldung an den Hinweisgeber muss grundsätzlich innerhalb von drei Monaten erfolgen.

Schutzmaßnahmen für Hinweisgeber

Das HinSchG sieht ein Verbot von Repressalien gegen den Hinweisgeber vor. Unter das Verbot fallen u.a. Suspendierungen, Entlassungen, Gehaltsminderungen oder die Ausstellung eines schlechten Arbeitszeugnisses. Werden benachteiligende Maßnahmen gegen den Hinweisgeber ergriffen, so trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass die jeweilige Maßnahme nicht auf der Meldung des Arbeitnehmers beruht. Der Schutz des Hinweisgebers greift jedoch nur ein, wenn er nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig eine falsche Information weitergegeben hat. 

Sanktionen

Verstöße gegen das Gesetz sind bußgeldbewehrt; zu nennen sind dabei insbesondere folgende Bußgeldtatbestände:

  • Behinderung einer Meldung / der Kommunikation einer hinweisgebenden Person mit einer Meldestelle (Bußgeld: bis zu 50.000 €) 
  • Repressalien gegen Hinweisgeber und geschützte Personen (Bußgeld: bis zu 50.000 €)
  • Verstoß gegen das Gebot der Vertraulichkeit (Bußgeld: bis zu 50.000 €)
  • Offenlegung einer unrichtigen Information (Bußgeld: bis zu 20.000 €)
  • Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einrichtung einer internen Meldestelle (Bußgeld: bis zu 20.000 €). 

Zudem existiert ein Schadensersatzanspruch des Hinweisgebers bei einem Verstoß gegen das Verbot von Repressalien.

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