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Blogbeitrag
20.06.2025

Am 18. Dezember 2024 veröffentlichte das International Accounting Standards Board (IASB) finale Änderungen an IFRS 9 und IFRS 7 „Amendments to the Classification and Measurement of Financial Instruments - Amendments to IFRS 9 and IFRS 7“.

Markus Bitz ist Associate Partner, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei PKF Fasselt

von
Markus Bitz

Associate Partner

Ziel dieser Änderungen ist es, ausgewählte Aspekte der Klassifizierung und Bewertung von Finanzinstrumenten zu präzisieren. Sie basieren auf dem positiven Post-Implementation Review (PIR) von IFRS 9 aus dem Jahr 2022. Allerdings wurden gezielte Klarstellungen notwendig – insbesondere aufgrund neuer Entwicklungen und Rückmeldungen aus der Praxis. Vor allem die Leitlinien zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten, deren Zahlungsströme sich in Abhängigkeit vom Eintritt eines ungewissen Ereignisses verändern (z.B. ESG-gebundene Finanzinstrumente) sind angepasst worden. 

Wesentliche Änderungen im Überblick

Ausbuchung bei Erfüllung über elektronische Zahlungssysteme

Einführung klarer Kriterien, wann eine finanzielle Verbindlichkeit bei Zahlung über elektronische Systeme (z.B. SEPA) ausgebucht werden kann – auch bereits schon vor dem tatsächlichen Zahlungsausgang („cash in transit“). Dies ist möglich, wenn:

  • der Zahlungsvorgang unwiderruflich eingeleitet wurde,
  • der Schuldner oder die Schuldnerin keinen Zugriff mehr auf das Zahlungsmittel hat,
  • das Risiko der Nichterfüllung als unwesentlich gilt, z. B. bei etablierten Echtzeit-Zahlungssystemen mit standardisierter Abwicklung und wenn nur eine kurze Zeitspanne zwischen dem Zeitpunkt, an dem die Zahlung ausgeführt wird, und dem Zeitpunkt, an dem die zahlungsempfangende Person tatsächlich die Zahlungsmittel erhält, besteht.

Klassifizierung von Finanzinstrumenten: ESG-Kriterien und das SPPI-Kriterium

Das IASB stellt klar, dass ESG-bezogene Bedingungen (z.B. Zinszahlungen, die an die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen gekoppelt sind) nicht automatisch gegen das SPPI-Kriterium (Solely Payments of Principal and Interest - ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen) verstoßen. Entscheidend ist:

  • Ob die Zahlungsströme im Einklang mit einem grundlegenden Kreditvertrag stehen („basic lending arrangement“),
  • ob ein an ESG-Ziele geknüpfter Zinssatz nur erwartbare, nicht signifikante Abweichungen erzeugt,
  • ob das ESG-Ereignis mit den Risiken oder Kosten eines Kreditverhältnisses zusammenhängt.

Zusätzlich wurden Klarstellungen zu zwei Spezialfällen vorgenommen:

  • Nicht-rückgriffsberechtigte Vermögenswerte („non-recourse“): Ein Vermögenswert gilt nur dann als „non-recourse“, wenn der Gläubiger oder die Gläubigerin ausschließlich auf die Cashflows des vertraglich bestimmten Vermögenswerts Zugriff hat – nicht auf andere Sicherheiten oder Rückgriffsrechte.
  • Vertraglich verknüpfte Instrumente („contractually linked instruments“, CLIs): Diese müssen besondere Strukturierungsanforderungen erfüllen, u. a. eine klare „waterfall payment structure“ und ausreichende zugrunde liegende Zahlungsströme, damit Investorenrechte nicht unangemessen eingeschränkt werden.

Erweiterte Angabepflichten gemäß IFRS 7

IFRS 7 wurde angepasst, um die Transparenz zu erhöhen:

  • Eigenkapitalinstrumente, die erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden, müssen mit ihrem kumulierten beizulegenden Zeitwert angegeben werden – nicht nur einzeln während der Periode.
  • Bei Ausbuchung dürfen keine Umgliederungen in die Gewinn- und Verlustrechnung erfolgen.
  • Neue Anforderung: Unternehmen müssen künftig qualitative und quantitative Angaben zu Vertragsbedingungen machen, die Zahlungsströme aufgrund ungewisser Ereignisse verändern könnten – z. B. ESG-bezogene Darlehen.

Inkrafttreten und Übergangsregelungen

  • Die Änderungen gelten für Berichtsperioden, die am oder nach dem 1. Januar 2026 beginnen; eine vorzeitige Anwendung ist zulässig, insbesondere für die SPPI-bezogenen Änderungen.
  • Es liegt bereits eine positive Übernahmeempfehlung von EFRAG vor, die eine Übernahme in europäisches Recht befürwortet. Der Übernahmeprozess sollte noch im ersten Halbjahr 2025 möglich sein; genaueres unter Endorsement status | EFRAG.
  • Die Anwendung erfolgt retrospektiv, jedoch ohne Pflicht zur Anpassung früherer Perioden. Gegebenenfalls sind Anpassungen in der Eröffnungsbilanz der Erstanwendung vorzunehmen.

Fazit

Die Änderungen an IFRS 9 und IFRS 7 bringen wichtige Klarstellungen in der Klassifizierung und Bewertung von Finanzinstrumenten. Insbesondere mit Blick auf ESG-Kriterien und digitale Zahlungsprozesse sorgen sie für mehr Konsistenz und Transparenz – und bieten Unternehmen neue Gestaltungsspielräume bei gleichzeitiger Sicherstellung einer sachgerechten Bilanzierung.

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