Ziel dieser Neuregelung ist die Reduzierung des Verwaltungsaufwands und die Vereinfachung der Teilnahme am grenzüberschreitenden Handel für Kleinunternehmer. Die Änderungen sollen ab dem 1. Januar 2025 gelten. Die Mitgliedstaaten der EU sind gehalten, diese Vorgaben bis zum 31. Dezember 2024 ins nationale Recht umzusetzen. Es scheint, dass der deutsche Gesetzgeber diese Umsetzung nunmehr im Rahmen des geplanten Jahressteuergesetzes 2024 (JStG-E 2024) vornehmen möchte.
Folgende umsatzsteuerliche Änderungen stehen für Kleinunternehmer im Fokus des JStG-E 2024
Steuerfreiheit der von Kleinunternehmern erbrachten Leistungen
Während die Umsätze von Kleinunternehmern derzeit grundsätzlich der Umsatzsteuer unterliegen und die Steuer lediglich nicht erhoben wird, sollen diese Leistungen in der Zukunft steuerfrei sein (§ 19 UStG-E).
Anhebung der Schwellenwerte
Der Schwellenwert für den maximalen inländischen Gesamtumsatz im vorausgegangenen Kalenderjahr, bis zu dem die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen werden kann, soll von bisher 22.000,00 EUR auf 25.000,00 EUR angehoben werden, d.h. der inländische Gesamtumsatz des Unternehmers darf künftig im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000,00 EUR (statt 22.000,00 EUR) nicht überschreiten. Auch darf der Umsatz im laufenden Kalenderjahr in Zukunft nicht mehr als 100.000,00 EUR (bisher 50.000,00 EUR) betragen.
Beachte: Bisher kam es bei der Höhe der Umsätze des laufenden Kalenderjahres auf eine Prognosebetrachtung an. Überstiegen der Umsätze des Kalenderjahres den Schwellenwert, war gleichwohl für dieses Kalenderjahr die Anwendung der Kleinunternehmerregelung weiterhin möglich. Nach der Neuregelung werden nur noch die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung des Schwellenwertes von 100.000,00 EUR bewirkten Umsätze umsatzsteuerfrei sein. Alle weiteren Umsätze des Kalenderjahres unterliegen dann der Regelbesteuerung.
Änderung der Definition des Gesamtumsatzes
Als Folge der künftigen Steuerfreiheit der Leistungen von Kleinunternehmern wird der Begriff des für die Schwellenwerte relevanten Gesamtumsatzes angepasst. Die auf die Umsätze entfallenden Steuern werden dem maßgeblichen Umsatz nicht mehr hinzugerechnet.
Verzicht auf die Umsatzsteuerfreiheit
Unternehmer, die nicht von der Steuerfreiheit für Kleinunternehmer Gebrauch machen möchten, können bis zum letzten Tag im Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres den Verzicht auf die Steuerfreiheit gegenüber dem zuständigen Finanzamt erklären. Bisher konnte eine solche Erklärung bis zur Unanfechtbarkeit der Umsatzsteuerfestsetzung abgegeben werden.
Ausweitung der Kleinunternehmerregelungen auch auf Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten
Aktuell können nur im Inland ansässige Unternehmer die in Deutschland geltenden Vergünstigungen für Kleinunternehmer in Anspruch nehmen. Mit der geplanten Neuregelung im Jahressteuergesetz 2024 finden diese Regelungen künftig auch auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmer Anwendung, sofern der Jahresumsatz des Unternehmers im gesamten Gemeinschaftsgebiet im vorausgegangenen Kalenderjahr 100.000,00 EUR nicht überschritten hat und diese Grenze auch im laufenden Kalenderjahr nicht überschritten wird. Weitere Bedingung für eine Steuerbefreiung in Deutschland ist, dass der EU-Unternehmer eine gültige Identifikationsnummer für Kleinunternehmer von seinem Ansässigkeitsstaat erhalten hat.
Einführung eines Meldeverfahrens für deutsche Unternehmer zur Nutzung der Kleinunternehmerregelung anderer Mitgliedstaaten
Nach Vorgaben des EU-Rechts sollen künftig auch inländische Unternehmer, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet geltenden Kleinunternehmerregelungen nutzen können. Dazu soll mit dem Jahressteuergesetz 2024 in Deutschland ein entsprechendes Meldeverfahren („Besonderes Meldeverfahren“) eingeführt werden (§ 19a UStG-E). Die Zuständigkeit für die Durchführung des Meldeverfahrens soll beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) liegen. Das BZSt erteilt dem grenzüberschreitend tätigen inländischen Unternehmer auf Antrag - für diesen soll zwingend das Online-Portal des BZSt (BOP) zu nutzen sein - eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer (KU-IdNr. mit Annex „EX“). Inländische Unternehmer, die die Kleinunternehmerregelungen ausschließlich in Deutschland anwenden möchten, müssen an diesem Verfahren hingegen nicht teilnehmen.
Voraussetzungen für die Teilnahme am Meldeverfahren:
- Der Antragsteller ist ein inländischer Unternehmer,
- Der Jahresumsatz des Antragstellers im Gemeinschaftsgebiet hat im Vorjahr den Betrag von 100.000,00 EUR nicht überschritten und wird diesen auch im laufenden Kalenderjahr nicht überschreiten.
- Der Antragsteller erfüllt die Bedingungen zur Inanspruchnahme der Sonderregelung für Kleinunternehmer des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer die Steuervergünstigungen für Kleinunternehmer nutzen möchte.
- Der Antragsteller ist noch in keinem anderen Mitgliedstaat zur Anwendung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer registriert.
Beachte: Das BZSt führt nur das Antragsverfahren. Die Entscheidung, ob der beantragende Unternehmer die Kleinunternehmervergünstigungen im betreffenden EU-Mitgliedstaat tatsächlich in Anspruch nehmen kann, obliegt der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaates. Erst nach der positiven Entscheidung des Mitgliedstaates erteilt das BZSt dem inländischen Unternehmer die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer.
Der Unternehmer hat in der Folge jedes Kalendervierteljahr eine Umsatzmeldung abzugeben.
Möchte der in Deutschland ansässige Kleinunternehmer zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf die Steuerbefreiung verzichten, so hat er diesen Verzicht gegenüber dem BZSt zu erklären.
Vereinfachte Rechnungsstellung für Kleinunternehmer (§ 34a UStDV-E)
Auch Kleinunternehmern, die ihre Leistungen steuerfrei erbringen, wird künftig die Möglichkeit eingeräumt, vereinfachte Rechnungen zu stellen. Mit der Neuregelung werden die Kleinunternehmer zusätzlich dazu verpflichtet, in ihren Rechnungen auf die Steuerbefreiung des § 19 UStG-E hinzuweisen (§ 34a Nr. 5 UStDV-E).
Fazit
Die geplante Änderung der Kleinunternehmerregelungen im deutschen Umsatzsteuerrecht, insbesondere die Ausweitung der Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelungen anderer Mitgliedstaaten, beruht auf verbindlichen Vorgaben der EU. Daher ist davon auszugehen, dass die Regelungen, so wie diese derzeit im Arbeitsentwurf des Jahressteuergesetzes 2024 enthalten sind, im Großen und Ganzen so kommen werden. Unternehmer werden damit künftig die Möglichkeit erhalten, auch in anderen Mitgliedstaaten der EU von den umsatzsteuerlichen Sonderregelungen für Kleinunternehmer Gebrauch zu machen. Dies ermöglicht es kleinen Unternehmen steuerbegünstigt im Gemeinschaftsgebiet wirtschaftlich tätig zu werden. Die geplante Erhöhung der Schwellenwerte führt ferner dazu, dass künftig mehr Unternehmer von diesen Regelungen profitieren können.
Der Beitrag wurde gemeinsam mit Thorsten Haake und Marco Herrmann verfasst.
Über die Autorin: Dr. Kristina Bexa ist Rechtsanwältin und Steuerberaterin bei der PKF FASSELT Partnerschaft mbB Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Rechtsanwälte (Mitgliedsunternehmen des PKF-Netzwerkes).