Blogbeitrag
Erscheinungsdatum 19.09.2023

von
Lai Mei Wong

Mit seinem am 30.08.2023 beschlossenen Regierungsentwurf hat das Bundeskabinett das Wachstumschancengesetz weiter auf den Weg gebracht. Der Entwurf ist gegenüber dem Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 14.07.2023 weiterentwickelt worden. Mit dem Gesetz sollen nicht nur mehr Impulse für Wachstum, Investitionen und Innovationen gesetzt werden, sondern auch die Vereinfachung und das Fairness des bestehenden Steuersystems gefördert werden.

Der beschlossene Regierungsentwurf enthält umfangreiche Maßnahmen in vielen Bereichen des Steuerrechts. Dieser Beitrag befasst sich mit der im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs sowie der Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten. Diese Maßnahmen dürften für viele Steuerpflichtige zu spürbaren Entlastungen führen.

Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs

Der Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG wurde bereits mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz erweitert. Der frühere einjährige Verlustrücktrag wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2022 dauerhaft auf zwei Jahre erweitert. Die möglichen Höchstbeträge des Verlustrücktrags wurden auch für 2022 und 2023 auf 10 Mio. EUR bzw. auf 20 Mio. EUR (bei Zusammenveranlagung von Ehegatten) erhöht. Nach dem neuen Gesetzentwurf soll der Verlustrücktrag zum einen ab 2024 auf drei Jahre erweitert werden, und zum anderen soll die Erhöhung des Höchstbetrags dauerhaft auf 10 Mio. EUR bzw. 20 Mio. EUR beibehalten werden. Anzumerken hierbei ist, dass diese Erweiterungen auch analog für Kapitalgesellschaften gelten.

Für den steuerlichen Verlustvortrag nach § 10d Absatz 2 EStG ist ebenfalls eine Ausweitung vorgesehen. Bislang ist bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. EUR bzw. 2 Mio. EUR (bei Zusammenveranlagung von Ehegatten) der Verlustvortrag in den folgenden Veranlagungszeiträumen unbeschränkt möglich. Für den den Sockelbetrag überstehenden Teil ist der Verlustvortrag auf 60 % des Gesamtbetrags der Einkünfte beschränkt. Mit dem neuen Gesetzentwurf soll die Prozentgrenze von derzeit 60 % temporär für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 auf 80 % angehoben werden. Zu beachten ist, dass die Anhebung dieser Prozentgrenze nicht nur für die Einkommen- und Körperschaftsteuer, sondern auch für die Gewerbesteuer gelten soll (durch entsprechende Anpassung von § 10a GewStG).

Verbesserungen bei den Abschreibungsmöglichkeiten

Neu im Regierungsentwurf enthalten ist die befristete Einführung einer degressiven Abschreibung für neue Wohngebäude gemäß § 7 Abs. 5a EStG (Entwurf). Die degressive Abschreibung kann demnach jährlich mit 6 Prozent erfolgen. Es besteht dabei auch das Wahlrecht, zur linearen Abschreibung gemäß § 7 Abs. 4 EStG zu wechseln.

Die Voraussetzung für die Anwendung dieser neuen Regelung ist, dass ein zu Wohnzwecken dienendes Gebäude hergestellt wird und der Baubeginn zwischen dem 01.10.2023 und dem 30.09.2029 liegt. Alternativ soll diese Abschreibungsmöglichkeit auch im Fall einer Anschaffung gelten, soweit der Kaufvertrag bis zum Ende des Jahres der Gebäudefertigstellung abgeschlossen wird und der Vertragsabschluss zwischen 01.10.2023 und dem 30.09.2029 rechtswirksam erfolgt.

Eine weitere in den Regierungsentwurf aufgenommene neue Maßnahme ist die befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nach § 7 Abs. 2 Satz 1 EStG. Diese Regelung wurde bereits mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz zum 01.01.2020 eingeführt und mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz bis zum 31.12.2022 verlängert. Nach dem Regierungsentwurf soll diese Abschreibungsmöglichkeit auch für die Wirtschaftsgüter gelten, die zwischen 01.10.2023 und 31.12.2024 angeschafft oder hergestellt worden sind. Der Prozentsatz der degressiven Abschreibung soll weiterhin höchsten das 2,5-fache des linearen Abschreibungsprozentsatzes betragen, maximal jedoch 25 %.

Im Weiteren sind die folgenden vom BMF vorgeschlagenen Maßnahmen bzgl. Abschreibungen in den Regierungsentwurf übernommen worden:

  • Anhebung der Grenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter von 800 EUR auf 1.000 EUR (§ 6 Abs. 2 EStG),
  • Anhebung der Betragsgrenze für die Bildung eines Sammelpostens von 1.000 EUR auf 5.000 EUR sowie Senkung der Auflösungsdauer der Sammelposten von 5 Jahren auf 3 Jahre für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden (§ 6 Abs. 2a EStG),
  • Anhebung der Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG von derzeit 20 % der Investitionskosten auf 50 % der Investitionskosten für die ab dem 01.01.2024 angeschafften oder hergestellten beweglichen Wirtschaftsgüter. Begünstigt sind weiterhin nur die Betriebe, die die Gewinngrenze von 200.000 EUR im Jahr vor der Investition nicht überschreiten.

Ausblick

Es ist bisher geplant, dass das Gesetz im November vom Bundestag verabschiedet werden soll und die Zustimmung seitens des Bundesrates im Dezember erfolgen soll. Ob und inwieweit sich inhaltlich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch Änderungen zum vorgelegten Regierungsentwurf ergeben, bleibt abzuwarten.

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