Die beschlossene Einigung unterscheidet sich nur unwesentlich von dem zuvor abgelehnten Kompromissvorschlag. Die Mitgliedstaaten bekommen nun aber noch einmal mehr Zeit, um die neuen Vorgaben aus ViDA national umzusetzen. In der jetzt einstimmig angenommen Fassung sieht ViDA im Wesentlichen folgende Änderungen im EU-Mehrwertsteuerrecht vor:
E-Rechnung und E-Reporting
- Bereits nach Veröffentlichung der ViDA-Richtlinie dürfen Mitgliedstaaten eine E-Rechnungspflicht für inländische Umsätze einführen. Eine Ausnahmegenehmigung ist dann nicht mehr erforderlich.
- Zum 1.7.2030 soll die E-Rechnungspflicht dann in der gesamten EU eingeführt werden. Dazu sollen aber Ausnahmen für bestimmte inländische Leistungen gelten.
- Ab dem 1.7.2030 soll die Frist für die Rechnungstellung über innergemeinschaftliche Leistungen deutlich verkürzt werden, und zwar auf den 10. Tag nach Leistungsausführung (Frist bislang: 15. Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Leistung ausgeführt wurde).
- Für Sammelrechnungen gilt, dass diese lediglich noch Leistungen für einen Kalendermonat umfassen dürfen und innerhalb von 10 Tagen nach Ende des Monats ausgestellt werden müssen.
- Für innergemeinschaftliche Umsätze sollen zudem digitale transaktionale Meldepflichten eingeführt werden (E-Reporting), die dann auch die Zusammenfassenden Meldungen ersetzen. In den Mitgliedstaaten ggf. bereits bestehende E-Reporting-Systeme müssen bis zum Jahr 2035 an das E-Reporting-System der EU angepasst werden.
Ziel dieser Maßnahmen: Umsatzsteuerbetrug eindämmen und Beschleunigung der Digitalisierung innerhalb der EU.
Lieferkettenfiktion für digitale Plattformen
- Zum 1.1.2027 soll eine Lieferkettenfiktion auch für B2B-Umsätze eingeführt werden, die von außerhalb der EU ansässigen Onlinehändlern über Online-Marktplätze ausgeführt werden. Für B2C-Umsätze gibt es diese Vorschrift bereits (§ 3 Abs. 3a UStG).
- Zudem soll zum 1.1.2030 (oder freiwillig bereits ab 1.7.2028) eine Lieferkettenfiktion für digitale Plattformen eingeführt werden, die die kurzfristige Vermietung von Unterkünften oder die Personenbeförderung unterstützen. Die Lieferkettenfiktion greift nur dann nicht, wenn der Vermieter bzw. Fahrer dem Plattformbetreiber seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitteilt und erklärt, die Umsatzsteuer für seine Umsätze selbst zu berechnen. Die EU-Mitgliedstaaten dürfen Kleinunternehmer von dieser Regelung ausnehmen.
Ziel der Maßnahmen: Umsatzsteuerbetrug eindämmen und umsatzsteuerliche Gleichbehandlung von Unterkunftsvermietung und Personenbeförderung unabhängig von der Nutzung einer digitalen Plattform.
Einzige Mehrwertsteuerregistrierung
Zum 1.1.2027 bzw. teilweise erst zum 1.7.2028 soll ein umfassendes Maßnahmenpaket zur weiteren Einschränkung des Erfordernisses zur umsatzsteuerlichen Registrierung im Ausland greifen. Folgende Maßnahmen sind besonders hervorzuheben:
- Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens auf B2B-Leistungen bei denen der Lieferant nicht im Inland ansässig ist.
- Ausweitung des One-Stop-Shop-Verfahrens auf Lieferungen im Inland durch dort nicht ansässige Unternehmer.
- Einführung eines One-Stop-Shop Verfahrens zur Meldung von innergemeinschaftlichen Verbringungen
Ziel der Maßnahmen: Vermeidung von mehrfachen umsatzsteuerlichen Registrierungs- und Deklarationspflichten der Unternehmer im Ausland.
Fazit: Die ViDA-Initiative verfolgt das Ziel, die umsatzsteuerlichen Pflichten für Unternehmer in der EU zu vereinfachen und den Umsatzsteuerbetrug deutlich effektiver zu bekämpfen.
Insbesondere durch die EU-weite Einführung der E-Rechnungs- und E-Reportingpflicht wird die ViDA-Initiative aber (aufbauend auf vorangehende nationale Maßnahmen diverser Mitgliedstaaten) gleichzeitig auch die Modernisierung der Umsatzsteuer vorantreiben. In nur wenigen Jahren werden diese Maßnahmen voraussichtlich zu einer vollständigen Digitalisierung der Umsatzsteuer führen. Unternehmer sind daher gut beraten, sich frühzeitig mit den damit verbundenen Herausforderungen und Chancen auseinanderzusetzen. Neben umfassenden technischen und organisatorischen Transformationsanforderungen eröffnen sich erhebliche Kosteneinsparungspotenziale durch die Automatisierung des Abrechnungsprozesses im Unternehmen. Die Einführung der E-Rechnungspflicht in Deutschland zum 1.1.2025 steht somit im Einklang mit den Bestrebungen auf EU-Ebene.