Blogbeitrag
27.06.2024

Auswirkungen auf Deutschlands Wachstumschancengesetz und E-Reporting

Das ViDA-Paket (VAT in the Digital Age) wurde erneut nicht verabschiedet. Was bedeutet das nun? Eine Übersicht.

Was ist ViDA?

ViDA ist ein Gesetzespaket, das darauf abzielt, das Mehrwertsteuersystem der EU zu modernisieren und an das digitale Zeitalter anzupassen. Es umfasst drei Hauptvorschläge:

  1. Einheitliche Mehrwertsteuerregistrierung: Unternehmen sollen sich einmalig registrieren, diese Registrierung gilt dann für die gesamte EU. Das soll Bürokratie abbauen und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen, die in mehreren EU-Ländern tätig sind, reduzieren.
  2. Mehrwertsteuervorschriften für die Plattformwirtschaft: Es wird geregelt, wie Plattformen insbesondere zur Personenbeförderung und Kurzzeitvermietung steuerlich behandelt werden sollen.
  3. Digitale Meldepflichten: Unternehmen, die grenzüberschreitend in der EU tätig sind, sollen elektronische Rechnungsstellung und digitale Meldepflichten einhalten. Diese zielen darauf ab, Transparenz und Effizienz bei grenzüberschreitenden Transaktionen zu erhöhen.

Aktueller Stand

Der Rat "Wirtschaft und Finanzen" (auch bekannt als ECOFIN-Rat), bestehend aus den Wirtschafts- und Finanzministern der EU-Mitgliedstaaten, ist mit steuerpolitischen Angelegenheiten befasst. Für Beschlüsse ist eine Einstimmigkeit erforderlich.

Blockade durch Estland: Bereits bei der Sitzung des Rates am 14. Mai 2024 blockierte Estland das Paket aufgrund von Änderungswünschen bezüglich der zweiten Säule (Plattformwirtschaft). Estland wünscht, dass diese Regelungen fakultativ und nicht zwingend sind, um kleine und mittlere Unternehmen zu schützen. Auch in der Sitzung am 21. Juni 2024 konnte keine Einigung erzielt werden. Estland beharrte weiterhin auf seiner Position.

Bedeutung und Auswirkungen

Die Verzögerung bei der Verabschiedung des ViDA-Pakets hat verschiedene Auswirkungen auf nationale Gesetzgebungsinitiativen und Maßnahmen in den Mitgliedstaaten, einschließlich Deutschlands.

Auswirkungen im Zusammenhang mit der Einführung des Wachstumschancengesetzes

Das Wachstumschancengesetz ist eine Initiative, die darauf abzielt, wirtschaftliches Wachstum zu fördern und steuerliche Rahmenbedingungen zu verbessern. Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes wurde auch die Einführung der E-Rechnung geregelt sowie die Einführung eines E-Reportings in Deutschland angekündigt. Die Verzögerung bei ViDA kann folgende Auswirkungen haben:

  1. Rechtsunsicherheit und Planungsunsicherheit:
    • Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, könnten auf EU-weite einheitliche Regelungen warten und zögern, Investitionen zu tätigen oder Geschäftsmodelle anzupassen.
    • Nationale Gesetzesänderungen, die im Einklang mit ViDA geplant waren, könnten zurückgestellt oder angepasst werden müssen, was zu weiterer Unsicherheit führt.
  2. Verzögerung von Harmonisierungseffekten:
    • Eine der Zielsetzungen von ViDA ist die Harmonisierung der Mehrwertsteuervorschriften in der EU. Ohne diese Harmonisierung könnten nationale Maßnahmen, wie im Wachstumschancengesetz, weniger effektiv sein oder zusätzlichen administrativen Aufwand verursachen.

Auswirkungen auf die Einführung des E-Reportings

Die Einführung des elektronischen Reportings (E-Reporting) ist ein wichtiger Schritt zur Digitalisierung und Effizienzsteigerung im Steuerwesen. Die Verzögerung bei ViDA beeinflusst diesen Prozess in Deutschland:

  1. Digitale Meldepflichten und elektronische Rechnungsstellung:
    • ViDA sieht eine einheitliche Regelung für die digitale Meldepflicht und elektronische Rechnungsstellung vor. Ohne eine EU-weite Vorgabe müssen nationale Vorschriften in Deutschland möglicherweise angepasst oder erweitert werden, was zu Inkonsistenzen mit zukünftigen EU-Regeln führen kann.
    • Unternehmen müssen sich eventuell auf nationale Übergangsregelungen einstellen, die später wieder geändert werden könnten, sobald ViDA verabschiedet wird.
  2. Zeitlicher Horizont:
    • Der zeitliche Rahmen für die Implementierung von E-Reporting könnte sich verlängern, da die Harmonisierung auf EU-Ebene ausbleibt.

Weitergehende Regelungen in Deutschland

Deutschland könnte aufgrund der Verzögerung bei ViDA gezwungen sein, eigene Initiativen und Reformen voranzutreiben, um die Digitalisierung und Effizienz im Mehrwertsteuersystem zu verbessern. Deutschland könnte also auch nationale Maßnahmen entwickeln, um spezifische Probleme der Plattformwirtschaft zu adressieren. Übergangsregelungen müssten später an harmonisierte EU-Vorgaben angepasst werden.

Fazit

Die Verzögerung bei ViDA hat sowohl unmittelbare als auch langfristige Auswirkungen auf nationale Gesetzgebungsinitiativen in Deutschland. Während nationale Maßnahmen wie das Wachstumschancengesetz und die Einführung des E-Reportings voranschreiten können, besteht das Risiko von Inkonsistenzen und zusätzlichem administrativem Aufwand, solange keine EU-weite Harmonisierung erreicht wird. Deutschland könnte gezwungen sein, Interimslösungen zu entwickeln, um die Vorteile der Digitalisierung und Effizienzsteigerung im Steuerwesen weiterhin zu verfolgen. 

Die Uneinigkeit unter den Mitgliedstaaten zeigt die Herausforderungen bei der Harmonisierung der Mehrwertsteuerregelungen in der EU. Es bleibt abzuwarten, wie die Diskussion weitergeführt wird.

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